Gastbeitrag Berno - Die anderen Gefühle…
- betaullings
- 11. Okt. 2024
- 3 Min. Lesezeit

Wo fange ich an? Bei der Vorfreude, bei der Anfangsnervosität? Oder bei der Verzweiflung, der Angst, dem Stress, der - sogar - Wut?
Wenn man eine solche Reise wie wir macht, macht man das im Wissen, dass nicht alles rosa-rot und Friede-Freude-Eierkuchen ist. Nein…, man macht eine solche Reise im vollen Wissen, dass es eben KEINE Ferien sind. Es ist nun unser Leben mit allem Guten aber eben auch allem Schlechtem, was es in jedem Leben eben gibt. Über das Gute und das Schöne und Interessante schreibt Baddy ja viel, aber über die negativen Aspekte redet man ja meist nicht. Es ist mir ein Bedürfnis, das zu ändern.
Also fange ich mal an: die Demut, Bewunderung, Begeisterung, Euphorie, die jeder kennt, wenn er in den Ferien ist und Neues entdeckt, kennen wir auf dieser Reise auch: Wal-Beobachtungen, Niagarafälle, Geysire in Yellowstone, Riesenbäume zum Durchfahren, Goldengate-Bridge in San Francisco, Death-Valley, Joshua Tree, Grand Canyon, Bryce Canyon oder Lake Powell, ALLE gehören in dieser Kategorie! Wow, Kanada/USA ihr begeistert uns!
Es gibt aber auch die andere Seite: Stress, Angst, Verzweiflung, Nervosität, Wut, Ärger, Zweifel, Langeweile uvm…Auch das gibt es auf einer solchen Reise, wie zuhause auch…
Es fing an in Kanada, als Baddy fast 3 Wochen zu spät ankam, wir zwar mit Alberta herumreisen konnten, aber wie „mit einem Gummiband an Halifax angebunden“ waren: genervt, nicht zum schönen Wetter in Quebec hinfahren zu können, trotzdem dankbar, dass Alberta eine Heizung hatte. Ungeduldig wartend und zunehmend genervt vom schlechten Wetter nahmen wir Baddy in Empfang, brauchten aber einige Tage, um uns dann so richtig zu freuen.
Nach und nach bewegten wir uns westwärts und ein neues Gefühl kam auf: Langeweile! Kanada besteht aus entweder Bäumen/Wald mit Wasser oder unendlichen Feldern. Da zudem die Dörfer und Städte alle mehr oder weniger gleich aussehen, bestand die Abwechslung höchstens in den Supermarktketten, die in der jeweiligen Provinz vorkommen (in jeder Provinz jeweils eine andere!).
Ein ganz neues Gefühl kam nach und nach dazu: „Verzweiflung“. Was wir auch unternahmen, um uns vor den blöden Moskitos und Beissfliegen zu schützen: nichts nützte und Tanja sah immer aus wie eine umgekehrte Salami: weiss mit riesigen roten Punkten!
Die Pannenserie von Baddy hat verschiedenste Gefühle hervorgerufen: von „Schock“ beim entdecken des Quasi-Motorenbrandes oder den abgebrochenen Radbolzen. „Frustration“ darüber, dass wir nicht wie geplant den Park entdecken konnten. „Angst“, dass der weisse Rauch das schlimmstmögliche Szenario sein könnte und Baddy kaputt gehen würde. „Unsicherheit“, da wir nicht wussten, ob das Rauchproblem beseitigt war bis hin zu genereller „Nervosität/Angst“, dass wieder etwas passieren würde. Ihr müsst wissen, dass es einen grossen Unterschied ist, ob etwas in deiner Wohnung kaputt ist oder bei Baddy. Im ersten Fall ruft man einen Handwerker an, der am nächsten Tag kommt und das Problem behebt. Im zweiten Fall müssen wir mit Baddy zu einem Spezialisten, müssen dafür eventuell hunderte/tausende Kilometer Umweg fahren und unsere Pläne komplett anpassen. Mittlerweile sind wir auch zur Auffassung gelangt, dass die Kombination Baddy - USA ungefähr so gut passt, wie Tesla - Botswana: es gibt einfach keine/kaum geeignete Techniker und Ersatzteile schon gar nicht! Das alles ist latent auch eine „psychische Belastung“, wo man sich immer einreden muss, dass, solange es keinen Unfall gibt, es für alles eine Lösung gibt und es lediglich Zeit und Geld kostet. Das ist aber nicht immer einfach!!!
Auch merken wir seit Anfang an, dass das Reisen gar nicht so spontan vonstatten gehen kann: aufgrund der Distanzen muss man vorausplanen, die Campsites sind - vor allem am Wochenende - sehr gut ausgelastet und deswegen gibt es tagtäglich mindestens eine ein- bis zweistündige Planungs-Session, was „anstrengend“ und „mühsam“ ist, weil man immer tausend Faktoren berücksichtigen muss: Das Wetter und die Temperatur, die Einkaufsmöglichkeiten unterwegs, die Sehenswürdigkeiten, die Verfügbarkeit von Duschen/WC oder gar Waschsalons etc. etc. pp.
„Stress“ ist auch ein Gefühl, was wir hin und wieder begegnen: sei es durch die technischen Probleme, sei es z.B. durch die komplette Reizüberflutung in Las Vegas, die dazu führte, dass wir wirklich uns mehrere Tage damit beschäftigen mussten, uns wieder zu beruhigen.
Diese Reise ist für uns eine Lebensschulung. Wir müssen sehr gut auf unsere Körpersignale achten und diese auch wahrnehmen und ernst nehmen. Wir müssen als ‚Team‘ aufeinander Acht geben und ehrlich zu sich selber und zum anderen sein.
Mal schauen, was die Reise sonst noch so bringt…



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